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Silvesterangst bei Hunden: Risikofaktoren und Hilfe

Warum hat mein Hund solche Angst an Silvester? Was ist falsch gelaufen? Wie kann ich ihm helfen? Das fragen sich viele Hundebesitzer, wenn Bello beim ersten Krachen vor Angst zitternd unter den Tisch flüchtet. Tatsächlich gibt es sogar genetische Voraussetzungen, die die Entstehung von Silvesterangst begünstigen. Das hat eine neue Studie  nachgewiesen. Also sind alle Behandlungsversuche zwecklos? Nein, keinesfalls. Auch das zeigt die Studie. Hier sind die Fakten.

Warum hat mein Hund solche Angst an Silvester? Was ist falsch gelaufen? Wie kann ich ihm helfen? Das fragen sich viele Hundebesitzer, wenn Bello beim ersten Krachen vor Angst zitternd unter den Tisch flüchtet. Tatsächlich gibt es sogar genetische Voraussetzungen, die die Entstehung von Silvesterangst begünstigen. Das hat eine neue Studie nachgewiesen. Also sind alle Behandlungsversuche zwecklos? Nein, keinesfalls. Auch das zeigt die Studie. Hier sind die Fakten.

Das untersuchte die Studie

Anhand einer online-Befragung wurden die Angaben zu 1225 Hunden ausgewertet. Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer Silvesterangst und Faktoren wie

  • Alter
  • Geschlecht
  • Rasse
  • Zucht
  • Herkunft
  • Zusammenhang mit Krankheiten
  • Zusammenhang mit anderen Ängsten

Außerdem wurde untersucht, ob und wie sich gezieltes Training auf das Angstverhalten an Silvester auswirkt.

Silvesterangst bei Hunden hat viele Facetten

In der Summe kam die Autorin der Studie, Stefanie Riemer, zum Ergebnis, dass Alter, Rassezugehörigkeit und bestehende Gesundheitsprobleme nachweisbar und wesentlich zur Entstehung einer Silvesterangst beitragen. Für andere Faktoren konnte dies nicht oder nicht eindeutig bewiesen werden.

Doch schauen wir uns die Ergebnisse im Detail an. Die gute Nachricht zuerst: Suchten die Hundebesitzer fachlichen Rat für das Problem ihres Hundes und trainierten sie mit ihrem Hund unter kompetenter Anleitung, dann ließ sich die Silvesterangst deutlich reduzieren, in manchen Fällen sogar völlig beheben. Wie wichtig Fachkompetenz dabei ist, zeigen die Studienergebnisse ebenfalls sehr eindrucksvoll. Denn ohne diese änderte sich entweder nichts oder das Problem verschlimmerte sich erheblich oder geriet sogar völlig außer Kontrolle.

Silvester lässt sich nicht verhindern

Feuerwerk an Silvester ist nicht zu verhindern. Geräuschangst beim Hund ist eine deutliche Einschränkung seines Wohlbefindens und sie muss nicht sein, wenn er schon früh lernt, laute, ungewohnte Geräusche angstfrei zu tolerieren. Wer einen Hund bei sich aufnimmt, weiß zunächst natürlich nicht, ob er zu den Hunden gehört, die sich Silvester ängstlich verkriechen – laut Studie sind das 50 Prozent aller Hunde.  Aber eine einfühlsame Gewöhnung an ungewohnte akustische Reize wie Silvesterknallerei sind in jedem Fall eine Hilfe, nicht nur an Silvester, sondern allgemein im Alltag. Sie kann und sollte wenn möglich im Welpen- und Jugendalter stattfinden, denn der Studie zufolge entwickeln die meisten Hunde diese Angst im Laufe des ersten Lebensjahres. Dass frühzeitige Prävention hilft, hat die Studie ebenfalls zeigen können. Wer allerdings keine Erfahrung darin hat, sollte sich unbedingt an einen entsprechend geschulten Trainer wenden, damit die Maßnahmen nicht selbst als Angstauslöser wirken.

Vertrauen zum Menschen und eine abwechslungsreiche Aufzucht ist eine gute Basis für die Desensibilisierung gegen ungewohnte Geräusche wie Silvesterknaller. (Foto: Patricia Lösche)

Therapiebedürftig: Geräuschangst beim erwachsenen Hund

Doch was ist, wenn der Hund nicht als Welpe, sondern als erwachsener Hund mit dieser Angst übernommen wurde? Auch dann sind Maßnahmen zur Desensibilisierung sinnvoll und sehr oft erfolgreich, sie dauern nur länger. Was für den Welpen gilt, gilt hier ganz besonders: Um die Angst nicht zu verstärken, muss das Problem sehr sensibel und mit weitreichender Fachkenntnis von Körpersprache und Angstsignalen des Hundes angegangen werden. Auf keinen Fall dürfen Zwang oder gar Strafe und andere negative Reizes (Schimpfen zum Beispiel) eingesetzt werden, um die Angst nicht noch zu verstärken. Auch Trost und Zuwendung zur falschen Zeit können das Problem potenzieren.

Eine bereits manifestierte, also vorhandene Angststörung im Zusammenhang mit Geräuschempfindlichkeit ist therapiebedürftig. Mit einfachem Training ist ihr nicht beizukommen. Je größer die Angst, desto kleinschrittiger ist die Therapie anzusetzen. Das kann sich über viele Monate hinziehen. Wer also Silvester 2020 einen möglichst entspannten Hund neben sich haben möchte, fängt am besten gleich damit an.

Fragen und Antworten zur Silvesterangst bei Hunden

Es gibt FAQs zur Geräuschangst bei Hunden, die Hundehalter in den Social Media mit schöner Regelmäßigkeit zum Jahresende hin stellen. Diese Antworten hat die Studie darauf gefunden.

In welchem Alter entwickelt sich eine Silvesterangst bei Hunden?

Die meisten betroffenen Hunde entwickeln ihre Silvesterangst im ersten Lebensjahr. Mit jedem folgenden Lebensjahr verringert sich die Wahrscheinlichkeit des ersten Auftretens.

Wie lange dauern die Angstzustände?

Mit dem Ende der Knallerei kehren zwei Drittel der betroffenen Hunde bis zum nächsten Morgen zur Normalität zurück. Aber immerhin 12 Prozent brauchten dazu bis zu einer Woche, ein kleiner Prozentsatz sogar einige Wochen oder sogar Monate.

Sind viele Hunde von Silvesterangst betroffen?

Über die Hälfte aller Hunde leiden unter der Silvester-Knallerei, fast ein Drittel aller Hunde sogar unter einer massiven Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch Feuerwerk.

Spielt das Geschlecht des Hundes eine Rolle?

Nein, Rüden und Hündinnen sind gleichermaßen und gleichermaßen stark betroffen.

Spielt es bei der Geräuschangst eine Rolle, ob der Hund kastriert ist oder nicht?

Hier war nicht ganz klar zu ermitteln, inwieweit Kastration die Entwicklung einer Silvesterangst begünstigt. Auszuschließen ist ein negativer Einfluss jedoch nicht, denn für sich allein betrachtet war die Zahl kastrierter Tiere mit Silvesterangst höher als die der unkastrierten. Ob und inwieweit Kastration aber lediglich im Zusammenwirken mit anderen Risikofaktoren die Neigung zu Silvesterangst fördert (beispielsweise, weil Hunde mit negativen Vorerfahrungen häufiger kastriert werden) konnte anhand des gewählten Studiendesigns nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Auch andere Studien ergeben hierzu keine eindeutige Aussage.

Macht es einen Unterschied, ob der Hund erwachsen oder als Welpe zu mir kam?

Grundsätzlich ja, aber nur dann, wenn andere Einflussfaktoren ausgeblendet werden. Was bedeutet das? Unterm Strich entwickeln Hunde, die erwachsen übernommen wurden, häufiger Silvesterangst. Aber bei ihnen gibt es oft auch andere Faktoren, die die Entwicklung einer Geräuschangst bedingen. Nicht die Übernahme als erwachsener Hund an sich, vielmehr die Tatsache, dass in seinem Vorleben schon Dinge passiert sind, die ihn geräuschempfindlich gemacht haben, ist für den erwachsen übernommenen Hund entscheidend, denn bei der Betrachtung von Faktoren-Kombinationen konnte kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Übernahme-Alter des Hundes und der Entwicklung einer Silvesterangst mehr hergestellt werden.

Hunde mit einer ausgeprägten Geräuschangst brauchen eine Verhaltenstherapie. Die Angst kann sonst unabhängig von Silvester mittel- und langfristig zu erheblichen Problemen führen. Neben einer Beeinträchtigung der Lebensqualität für den Hund kann das Zusammenleben mit ihm sehr belastend werden. Kurzfristige medikamentöse Hilfe direkt an Silvester ist besser, als den Hund in seiner Angst zu belassen. Nach Silvester beginnt dann möglichst bald die therapeutische Behandlung, damit das im kommenden Jahr nicht mehr nötig ist.

Sind bestimmte Hunderassen besonders empfindlich für die Entwicklung einer Geräuschangst?

Das größte Risiko besteht bei Mischlingen. Das mag damit zusammenhängen, dass Mischlinge häufiger im Tierheim landen und Tierheimhunde häufiger negative Vorerfahrungen haben, was sich auf die Silvesterangst auswirken könnte. Aber auch unter den Rassehunden gibt es Unterschiede. Mit absteigender Tendenz von oben nach unten ergab die Studie die nachfolgende Gruppeneinteilung für das Risiko einer Entwicklung von Silvesterangst:

I. Rassemixe

II. Hütehunde, Terrier, Spitze, Vorstehhunde, Windhunde

III. Familienhunde, Pinscher, Retriever, Stöberhunde

IV. andere Jagdhunde, Molosser

Welche Bedeutung hat die Aufzucht?

Wenig überraschend ist, dass die Aufzucht großen Einfluss hat. Das mit weitem Abstand geringste Risiko haben Hunde aus Familienaufzucht, die nie abgegeben wurden. Das größte Risiko besteht für Tierheimhunde, ganz gleich, ob aus dem Ausland oder Inland. Keinen Unterschied macht es, wie groß die Herkunftszucht war. Bei Hunden aus größeren Zuchten (gemeint ist hier nicht die Produktion von Wühltischwelpen) war die Verbreitung von Silvesterangst ebenso groß, wie bei solchen aus kleinerer Hobbyzucht oder gelegentlicher Familienaufzucht. Ehemalige Straßenhunde erwiesen sich hingegen als vergleichsweise unempfindlich. Bei ihnen besteht ein mittleres Risiko für die Entwicklung einer Silvesterangst.

Verschlimmern Krankheiten die Silvesterangst?

Hier ergab sich ein sehr differenziertes Bild. Während Krankheit für sich genommen kein wesentlich erhöhtes Risiko bedeutete, änderte sich das, sobald weitere Faktoren im Spiel waren. Mit zunehmender Tendenz bis zu einem Alter von 9 Jahren. Von da ab dreht sich das Verhältnis um und Vorerkrankungen senken das Risiko der Silvesterangst. Spekulativ lässt sich vermuten, dass hier altersbedingte Krankheiten wie Taubheit und andere sensorische Einschränkungen eine Rolle spielen könnten. Eine andereStudie hat allerdings ergeben, dass eine auftretende Geräuschangst sehr wohl mit Schmerzen zusammenhängen kann.

Besteht ein Zusammenhang mit anderen Verhaltensproblemen?

Hunde, die Angst vor Gewitter und Schüssen haben, entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit auch eine Silvesterangst. In geringerem Maße gilt das für Hunde, die Angst vor anderen lauten Geräuschen haben. Mit Trennungsangst konnte hingegen kein Zusammenhang ermittelt werden. Auch nicht mit Angst vor oder Aggressivität gegen Mensch und Artgenossen, Ressourcenverteidigung oder Hyperaktivität.

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