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Augen auf beim Welpenkauf

Manchmal ist nichts leichter als einen kleinen Hund zu kaufen. Ins Internet geguckt, die Zeitung aufgeschlagen, schon blinzeln sie einen an, die niedlichen Dinger, einer toller als andere und selbstverständlich zum Preis der Preise.

Zuweilen ist der geneigte Interessent nur einen Mausklick vom „Traumhund“ entfernt, der auch noch bis an die Haustür geliefert wird. Oder aus einem Kofferraum gezogen werden kann. „Geht gar nicht“, werden an dieser Stelle viele denken. Doch manchmal ist auch bei scheinbar seriösen Züchtern nicht alles Gold, was glänzt.

Vertrauenssache

Zugegeben: Auch Hunde sind Individuen mit ganz eigenen Stärken und Schwächen. Man kann sie nicht backen und auch nicht wie Autos perfekt vom Band rollen lassen. Lebewesen sind niemals „perfekt“. Perfekt zusammenpassen können sie dennoch. Und deshalb ist ein Welpenkauf immer auch eine Vertrauenssache. Im besten Fall kennt keiner einen kleinen Hund besser als der, der vom ersten Atemzug eines Welpen 24 Stunden am Tag ein Auge auf ihn hat, ihn betüttelt und bespielt und vielleicht auch schon ein bisschen fördert. Der weiß, was die vorangegangenen Generationen dem Kleinen wahrscheinlich mitgegeben haben, was eine bestimmte Rassezugehörigkeit in Zukunft erwarten lassen kann oder welche Entwicklungen die Sozialisierung des Welpen im Haushalt des Züchters vermutlich anbahnt. Ist einem Züchter das alles bewusst, ist das erste Quäntchen Vertrauen gerechtfertigt.

Kontrolle ist besser

Es gibt Züchter, die mehr oder weniger Erfahrung in der Zucht vorweisen können, von Hunden als solchen aber trotzdem wenig Ahnung haben. Solche Züchter meinen häufig, sie würden nur ein Hobby betreiben und eigentlich gar kein „richtiger“ Züchter sein. Manchmal haben solche Züchter auffallend wenige Hunde bzw. Würfe, manchmal auffallend viele. Auch Zwinger oder „Hundehäuser“ trifft man hier recht häufig an. Ebenso verlassen sich „Hobby-Züchter“ in Sachen Gesundheit gerne auf den Augenschein: Wer nicht gerade sichtbar humpelt, wird schon keine HD (Hüftgelenksdysplasie) haben, Erbkrankheiten weisen immer nur die anderen auf und Mischlinge sind sowieso gesünder. Kein Grund, Geld in Tierarztcheck, Röntgendiagnostik oder gar in Gentests, Augen- oder Audiometrie-Untersuchungen zu stecken. Geschweige denn, einem Welpeninteressenten entsprechende Untersuchungsergebnisse zugänglich zu machen. Dabei wäre das eigentlich eine Selbstverständlichkeit!

Viel hilft nicht immer viel

Auch in Sachen Sozialisierung sieht zuweilen seriös aus, was dem Welpen tatsächlich schadet. Dass man Hunde besser nicht isoliert aufwachsen lässt, hat sich vielfach schon herumgesprochen. Dass das übertriebene Gegenteil von Vernachlässigung aber ebenso negative Auswirkungen haben kann, ist vielen nicht bewusst. Es ist keineswegs eine Seltenheit, dass kaum zwei Wochen alte Welpen von Kindern herumgeschleppt und im Puppenwagen durch die Gegend gekarrt werden oder drei Wochen später alle Nas‘ lang in Seniorenheime und Kindergärten Einzug halten, um „besonders gut“ auf Menschen sozialisiert zu werden. Alles nach dem Motto „viel hilft viel“. Dass dergleichen dazu neigt, nach hinten loszugehen, merkt man erst sehr viel später, wenn die Notbremse längst außer Reichweite ist. Sozialisierung verlangt Behutsamkeit und Einfühlungsvermögen und eine sehr genaue Beobachtung und Einschätzung, was und wie viel davon den einzelnen Welpen fördert statt überfordert.

Kritisch bleiben

Auch wenn es im Angesicht vierpfotiger Niedlichkeit schwer fällt: Im Zweifel gilt immer, dass andere Züchter auch tolle Hunde haben. Oder auch der Tierschutz. Der beste Welpe ist ein „transparenter“ Welpe. Einer, der keine Geheimnisse birgt, die man hätte entlarven können. Deshalb darf man sich trotzdem in Hundekinder verlieben, die einen „Makel“ haben – man weiß dann ja, worauf man sich einlässt und kann das bewusst tun. Manche Fehler beziehen sich nur auf in der jeweiligen Rasse unerwünschte Fell- oder Augenfarben oder Zahnfehlstellungen, manchmal sind einzelne Welpen trotz aller Vorsorge halbseitig oder ganz taub, humpelbeinig oder knickschwänzig. Sie sind für die Weiterzucht zwar nicht geeignet. Das Zeug zum prima Familienhund haben sie dennoch. Seriöse Züchter berücksichtigen mögliche Folgekosten, mindern den Welpenpreis oder sichern vertraglich eine Kostenbeteiligung oder -übernahme zu. Auch bei möglichen Sozialisierungsdefiziten bei Welpen aus dem Tierschutz lässt sich frühzeitig intervenieren. Einen Mitleidserwerb sollte man sich in jedem Falle aber verkneifen.

So erkennen Sie einen qualitätsbewussten Züchter:

  • es ist sauber, aber nicht steril,
  • die Welpen haben Zugang zu viel unterschiedlichem Spielzeug und diversen Alltagsobjekten,
  • sie sind eingebunden in den Züchter-Alltag,
  • der Umgang mit den Welpen ist liebevoll und nicht „autoritär“,
  • Besuch kommt wohldosiert zu den Welpen, nicht umgekehrt,
  • der Züchter kann wenigstens die Gesundheitsuntersuchungen nachweisen, die für Züchter in organisierten Verbänden (z.B. dem VDH) Pflicht sind,
  • er geht offen mit Mängeln um und verschweigt nichts.

Autorin

Judith Böhnke

Judith Böhnke, Diplom-Wirtschaftsjuristin und ATN-Absolventin, arbeitet als Hundetrainerin und Tier-Verhaltensberaterin. Sie ist Mitglied im VDTT und hat sich auf die Ausbildung von Therapiehunde-Teams und Gewaltfreie Kommunikation spezialisiert. Ihre Homepage: www.mensch-tier-akademie.de.

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