Skip to main content

Aus der Arbeit eines Hundetrainers

Berufung muss es für jeden sein, der den Beruf des Hundetrainers ausüben will! Neben einem vielfältigen profunden fachlichen Wissen braucht es ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, eine exzellente Beobachtungsgabe und das sichere Auge für Mensch und Tier! Ebenso eine hervorragende Intuition, die Fähigkeit im richtigen Moment das Richtige und Notwendige – auch spontan – tun zu können. Und natürlich die Fähigkeit, in der „artübergreifenden Kommunikation“ hören und sprechen zu können. Es geht um die größtmögliche Schnittmenge im gegenseitigen Verstehen zwischen zwei verschiedenen Arten: zwischen Hund und Mensch!

I. Zum Berufsprofil der Hundetrainer

Das Berufsprofil der Hundetrainer setzt ein weites Spektrum an Fachwissen und Fertigkeiten voraus:

1. Zunächst einmal müssen Hundetrainer den Hund in seiner Kommunikation differenziert verstehen können. Wie komplex die Spra-che von Hunden und Wölfen ist, soll daran veranschaulicht werden, dass Wölfe allein im Kopfbereich auf 11 Etagen etwa 60 mimische Ausdruckszeichen einsetzen, die außerdem je nach Abfolge in unterschiedlichen Signaleinheiten weitere Bedeutungsvarianzen signalisieren. Auch wenn Hunde nicht mehr ganz so viel Zeichen haben – der Alaskan Malamute hat immerhin noch 43 Ausdruckzeichen im Kopfbereich – so ist und bleibt das Studium des Ausdruckverhaltens bei Hunden – auch im Kontext mit Kommunikationsabläufen oder der Stimmung und dem gesamt gezeig-ten Ausdruckverhalten eine riesengroße Herausforderung. Nehmen wir allein die Ohrenstellungen: Wie ist die Ohrenbasis gestellt? Sind die Ohren angelegt oder nach vorne gezogen? Wie ist die Anatomie der Ohren? Handelt es sich um ein Kapuzenohr, ein Stehohr oder ein Hängeohr? Was sagt die Rutenhaltung? Auch hier sind allein von der Hunderasse erhebliche Unterschiede festzustellen. Dann: Mit welcher Amplitude wedelt der Hund? Nicht zu vergessen, dass auch Mischausdruckszeichen eingesetzt werden.

2. Weiterhin gehören Grundlagen der allgemeinen Verhaltensbiologie, z. B. mit dem Ethogramm (Verhaltensinventar), der Verhaltensphysiologie sowie der Verhaltensökologie zum fachlichen Standard dazu, wie auch die Kognition von Hunden mit deren Lernbiologie, Gedächtnis und Problemlösungsstrategie.

3. Abstammung und Sozialstruktur von Caniden; Domestikation; Geschichte des Hundes; Vergleich von Hund und Wolf; Beziehungen zwischen Mensch und Hunden.

4. Lernverhalten von Hunden auch im Kontext mit Ausbildungsme-thoden

5. Zu Umweltbedingungen und Haltungsfragen von Hunden; Stressmanagement oder auch Mehrhundehaltung

6. Erste Hilfe beim Hund

7. Rechtliche Aspekte, wie z. B. das Tierschutzgesetz

8. Erkennen und Bewerten von Verhaltensstörungen: z. B. Angststö-rungen, Phobien, Stereotypien, obsessiv-kompulsive Störungen; dazu gehört auch zu wissen, wann ein Verhaltensmediziner für eine Therapie hinzugezogen werden sollte!

Gleichzeitig lernen Hundetrainer, dass Hunde und Menschen nicht nur in unterschiedlichen Sprachen kommunizieren, sondern auch, dass es dabei um eine Reihe grundsätzlicher Unterschiede geht. Dies soll an einigen Aspekten verdeutlicht werden:

1. Während bei Hunden das Ausdrucksverhalten die erste Sprache ist und die Vokalisation deren zweite, ist es bei uns Menschen genau umgekehrt.

2. Hunde und Wölfe erziehen ihre Kinder gewaltfrei, spielerisch und konsequent, bringen ihnen außerdem in der Lebensschule bei, gesetzte Grenzen zu respektieren. Nicht angemessenes Verhalten wird mit Ignorieren sanktioniert. Menschliche Prägungen und Erziehungsmaßnahmen hingegen laufen häufig über Gewalt und massive Drohungen ab. Auch dies ist ein gravierender Unterschied!

3. Hunde ahmen nur für sie Sinnvolles nach, wohingegen Menschen oft auch für sie Schädliches und Destruktives imitieren!

II. Wann sollte ein Hundetrainer konsultiert werden?

Dazu gibt es – neben komplexeren – eine Reihe von recht schnell ersichtlichen Gründen, wie z. B.:

1. Hunde zeigen unvermittelt aggressives Verhalten gegenüber ihrem Besitzer mit und ohne Angriffe / Beißattacken. Dazu gehört auch:

2. Wenn Hunde in ihrem Verhalten für den Hundehalter nicht mehr „emotional berechenbar“ sind.

3. Angststörungen oder bei phobischem Verhalten – auch bei angstbedingter inadäquater Aggression.

4. Bei Stereotypien, wie „Achterschlingenlaufen“, oder bei neurotischen Stereotypien, wie „sich in den Schwanz – oder in die Füße beißen“ oder bei anderen formkonstanten, nicht funktionalen Verhaltensmustern, wie z. B. monotones Bellen oder Winseln.

Nach Henry R. Askew treten bei Hunden statistisch gesehen folgende Aggressionsprobleme hauptsächlich auf. Dabei dürfen diese Probleme nie isoliert gesehen werden:

1. Aggressionen gegenüber Menschen (54 %)

2. Aggressionen gegenüber Hunden (15 %).3. Aggression im Kontext mit Trennungsangst (10 %)

Diese Zahlen korrelieren mit seinen Untersuchungen über die Ängste von Hunden, die u.a. folgende Ergebnisse aufzeigen:

1. Angst vor fremden Menschen (27 %)

2. Angst vor lauten Geräuschen (20 %)

3. Fremde Hunde (15 %)

4. Angst vor Verlassen des Hauses/ Halter (7 %)

III. Ontogenesen für den Werdegang faktisch gefährlicher Hunde

Es ist nicht zufällig, dass bei faktisch und erwiesenermaßen gefährlichen Hunden zwar sehr vielfältige und unterschiedliche Genesen zugrunde liegen, die aber auch gleichzeitig meist typische Entstehungszusammenhänge darstellen. Diese Zusammenhänge sind stets auf individuelle Entwicklungsprozesse eines einzelnen Hundes bezogen, was bedeutet, auf eine einzelne Hundepersönlichkeit.

Hauptursachen für Risikoentwicklungen eines Hundes sind z. B.:

Schwerwiegende Fehlentwicklungen und Fehlprägungen in der Junghundeentwicklung, wozu auch Isolation und Reizentzug, (De-privation) oder aversive, d. h. gewaltsame Haltungs- und Ausbil-dungsbedingungen bzw. -fehler zu zählen sind. Ebenso Tiere, deren Leben von Angst und Unsicherheit, Stress und verhaltensbiologischen Einschränkungen gekennzeichnet ist. Dazu gehören auch Hunde aus sog. „Hundefabriken“, die in der sensiblen Phase für eine notwendige „Lebensschule“ weder eine Sozialisation gegenüber Artgenossen noch gegenüber Menschen erlernen konnten. Also Hunde mit gänzlich gestörter Individualontogenese – ohne Erfahrungen aus Sozialspiel und Kommunikation mit anderen oder auch ohne die Erfahrung, wie Konflikte kommunikativ gelöst werden können. Dies führt zwangsläufig zu unangemessener, übersteigerter und unkontrollierter Aggression mit inadäquatem Angriffs- und/oder Abwehrverhalten zur jeweiligen Situation. Nicht zuletzt aus Unsicherheit und Angst! Dies trifft auch auf die allermeisten restriktiv und isoliert in Zwingern aufgewachsenen und gehaltenen Hunde, die sehr oft bissige oder nach menschlichen Maßstäben „schwierige Hunde“ werden!

Weiterhin ist das soziale Umfeld, insbesondere mit unkontrolliert geführten Rivalitäten bzw. in Konfliktsituationen mit Artgenossen zu benennen. Ebenso ist das soziale Gefüge, indem ein Hund lebt – auch zum Zeitpunkt des Übergriffes – wie z. B. Tötung eines Menschen oder Tieres bzw. bei schwerer Körperverletzung, maßgeblich mitent-scheidend.

Daran muss sich zwingend die fachlich notwendige Begutachtung an-schließen, wie es überhaupt zum Vorfall kam – hinsichtlich des Auslö-sers, welche Eskalationsstufen oder Drohsignale gezeigt wurden. Außerdem: Welche Signale davon in der Konfliktsituation – von wem auch immer – ignoriert wurden. Zuletzt auch mit der Frage, ob über mensch-liches Eingreifen, das „Fass zum Überlaufen“ gebracht wurde? Leider fehlt es häufig an der Analyse und der Vorgeschichte zum Beißgeschehen, was fachlich unhaltbar ist! Ferner gibt es Mensch-Hund-Beziehungsgeflechte, die ein hohes Gefährdungspotenzial darstellen und einem anderen „Restrisiko“ zuzuordnen sind, als etwa die Größe eines Hundes oder dessen Beißkraft. Zu betonen ist, dass dieselben Hunde, z. B. mit auffälligen und problematischen Entwicklungen, bei einem anderen Hundehalter völlig andere und auch unauffällige Verhaltensmuster zeigen können.

Das Mensch-Hund-Team nimmt auch eine hervorragende Stellung ein, mit der Fragestellung, ob von diesem – im Einzelfall – besondere Gefährdungspotenziale entstehen können.

Meist ist den Menschen nicht bewusst, dass bestimmte Hunde ein ambivalentes Verhalten speziellen Menschen gegenüber zeigen können, was bedeutet, dass Hunde sowohl mit diesen Menschen kooperieren wie auch mit diesen konkurrieren können, was eine verhaltenstypische Caniden-Eigenschaft darstellt. Begreift der Mensch diesen Zusammenhang nicht und manipuliert diese zwei Pole etwa noch gewaltsam, so kann dies durchaus zu einem inadäquaten Aggressionsverhalten beim Hund führen. *Weiterhin sind (für den Hund unberechenbare und/ oder unkontrollierte) menschliche Stimmungsschwankungen und deren Übertragung auf den Hund nicht zu unterschätzen: insbesondere, wenn der Hund diese überhaupt nicht mehr ein- bzw. kontextbezogen zuordnen kann und ihm damit auch die Sicherheit im Sozialgefüge mit seinen Menschen geraubt wird!

Somit betonen Hunde – Experten und Wissenschaftler immer wieder die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten hinsichtlich des Gefahrenmoments bestimmter „Mensch-Hund-Konstellationen“, welches einen bestimmten Hund gefährlich werden lassen kann. Hier ist auch keinesfalls nur an Mensch-Hund-Teams aus dem „Milieu“ zu denken oder an Hunde, die einem „Hyperaggressionsdrill“ unterworfen wurden!

IV. Wie agieren faktisch „Gefährliche Hunde“?

Dies kann sich insbesondere auch durch unvermittelte Angriffe bzw. Beißattacken äußern, die nicht durch das Ausdrucksverhalten in Etappen kommuniziert werden, also ohne Einhaltung der vorgenannten sechs Eskalationsstufen. Dazu gehören auch unberechenbare Verhaltensmuster. Die ethologischen Zusammenhänge für hundliches Verhalten sind äußerst komplex und unterliegen vielfältigen Zusammenhängen in verschiedenen situations- und stimmungsabhängigen Kontexten. Damit sind sie ebenso abhängig von Umwelteinflüssen, Sozialpartnern, gesundheitlichen Zusammenhängen oder nicht zuletzt dem aktuellen Stresslevel. Damit ist nachvollziehbar, dass Definitionen sog. „Gefährlicher Hunde“ per Rasseliste von Landeshundegesetzen und -verordnungen, fachlich als exorbitanter Unsinn zu tadeln sind! Rasselisten kriminalisieren nicht nur Hunde bestimmter Rassen in Deutschland bereits von Geburt an – a priori – und stellen sie unter den Generalverdacht der Gefährlichkeit! Dies übrigens geschieht (oder geschah) auch in schweizer Kantonen, österreichischen Bundesländern oder französischen Departements oder auch bis 2008 in den Niederlanden!

… obwohl weltweit wissenschaftlich als anerkannter Standard gilt:

Es gibt keine gefährlichen Hunderassen – jeder Hund kann theoretisch und dies rasseunabhängig und durch verschiedenste Konstellationen – gefährlich werden und zubeißen. Gefährliche Hunde – durch gesetzliche Auflagen und Restriktionen?

Demzufolge werden diese „Rasselisten-Hunde“ meist mit Maulkorb- und Leinenzwang lebenslänglich traktiert. Dies stellt nicht nur aus tierschutzrechtlichen Erwägungen eine unzumutbare Härte für die Hunde dar – denn wohlgemerkt – es sind Hunde, die bisher überhaupt nicht auffällig geworden sind!

Vielmehr verkennen Gesetzgeber, dass Hunde, die über Maulkorb- und Leinenzwang nur äußerst eingeschränkt ihr Kommunikationsrepertoire mit anderen Hunden einsetzen und trainieren können, hierdurch über Kommunikationsmissverständnisse erst gefährlich werden können und in vielen Fällen dadurch gefährliche Situationen erst entstehen. Dies mit der fatalen Folge, dass diese (Beiß-)Vorfälle dann den Hunden angelastet werden.

V. Häufigste Fehler von Hundehaltern und Bürgern im Umgang mit Hunden

Die Liste möglicher Fehler im Umgang mit Hunden ist seitenfüllend! Diese Fehler entstehen meist aufgrund fehlender Kenntnisse über die komplexe und äußerst differenzierte Verhaltensbiologie des Hundes. Leider kommt oft auch eine ignorante und den Hund unterschätzende Haltung hinzu. Etwa so: „Selbstverständlich wisse man über seinen Hund Bescheid und schließlich habe er all das zu tun und auszuhalten, was man von ihm verlange“.

Wesentliche Fehlerpunkte können an dieser Stelle nur auszugsweise benannt werden, wie z. B.:

1. Das Ausdrucksverhalten von Hunden – also ihre Sprache – nicht in Grundzügen zu erlernen und außerdem zu ignorieren; dazu kein differenziertes Beobachten von Ausdruck, Verhalten und si-tuativem Kontext

2. Hunde bedrohen, indem sich (meist noch) Fremde über sie beugen und streicheln wollen

3. Distanzunterschreitungen – obwohl der Hund signalisiert: „Komm nicht näher – oder: „Du bist schon zu nahe!“

4. Wenn Kinder sich schreiend Hunden nähern oder sich vor Hunden auf den Boden werfen

5. Hunde als „Erfüllungsgehilfen“ ohne Respekt und Einfühlungsvermögen zu betrachten. Mangelnder Respekt vor der Persönlichkeit und Würde, der Persönlichkeit und dem „So-Sein“ des Tieres.

6. Hunde nach dem Exterieur und nicht nach ihren Bedürfnissen auszuwählen – also ohne die entscheidende Fragestellung: „Welcher Hund passt zu mir und welche Grundbedürfnisse hat er“?

7. Keine Vorinformation über den Hund und seine Biographie einzuholen.

8. Die Funktionskreise von hundlichem Normalverhalten nicht zu verstehen und/ oder zu missachten. Damit auch verkennen, dass hundliches Normalverhalten keinesfalls zufällig ist und sich verhaltensbiologische Faktoren und Funktionen wie bei einem Uhrwerk sinn- und funktionsgebend ineinander verzahnen!

9. Signale von Aggressivität bei einem Hund nicht richtig deuten zu können und von vornherein gleichzusetzen mit einer vermuteten „Gefährlichkeit eines Hundes“. Außerdem darauf noch mit Panik, Hysterie oder Maßregelung des Hundes zu reagieren.

10. Gewalttätige Haltungs- und Ausbildungsmethoden, wie z. B. über Teletakt (Stromfolter), Würger, Stachelhalsbänder etc. Alles eindeutig tierschutzrelevante Methoden – auch mit strafrechtlichen Konsequenzen! So kann der Einsatz von Teletakt mit hohen Geldstrafen – im Wiederholungsfall auch mit bis zu dreijähriger Haftstrafe – geahndet werden!

11. Hunden Deprivation zuzumuten – also Reizentzug, über isolierte Haltung, ohne Sozialkontakte, ohne Ansprache, z. B. über restriktive Zwingerhaltung.

12. Hund zu überfordern mit Lärm, Menschen, Stressoren, ihm keine Rückzugsmöglichkeiten zu gewähren. Gezeigte Stress-Signale zu „überfahren“.

13. Mit dem Hund nur über Kommandos und Unterlassungsbefehle – ohne Beachtung seiner Rückkoppelungssignale – zu kommunizieren, keine Stimmmodulation einzusetzen.

14. Auf das Verhalten des Hundes zu spät und falsch zu reagieren. Hunde können nur innerhalb von 2-3 Sekunden zu ihrem Verhalten Lob oder Tadel verknüpfen. Oft werden Hunde durch die um „Lichtjahre verspätete Reaktion des Halters“ auch noch für „richtiges Verhalten“ bestraft.

15. Übertragung von eigener schlechter Laune, übler Stimmung, Angst, Stress auf den Hund

16. Hund ohne Beschäftigung sich selbst zu überlassen! Keine „Kopf- und Nasenarbeit“

17. Dem Hund keine angemessene und qualitativ gute Ernährung zukommen zu lassen. Zu spät oder gar nicht mit ihm zum Tierarzt zu gehen. Nicht nur bei Schmerzen, Infektionen, Herzerkrankungen oder für Impfungen sollte der Tierarzt aufgesucht werden, sondern regelmäßig – auch alters- und gesundheitsabhängig – und vor allem umgehend bei unklaren Beschwerden, Symptomen und Befunden!

18. Kein vorausschauendes Führen seines Hundes in Wald und Flur, im Straßenverkehr oder in der Öffentlichkeit, bei Begegnungen mit anderen Hunden und Personen aller Art.

19. Nicht zu wissen, weshalb man einen Hund hat!

VI. Weltweit verbreitete Fehleinschätzungen und Übernahme von fachlichem unhaltbarem tradiertem Unsinn

Fehldeutung des Dominanzverhaltens bei Hunden – sprich sogenannter „dominanter Hund“

Der Begriff „Dominanz“ wird in verschiedensten Kontexten und Interpretationen diskutiert. So wird fälschlicherweise von dominanten Hunden gesprochen. Dominantes Verhalten aber stellt bei Hunden und Caniden (Wolfsartigen) eine ständig dynamisch divergierende Kommunikationsvariante in einem bestimmten Kontext mit verschiedenen Kommunikationspartnern dar. Dies nicht nur zur Klärung von Rangordnung, sondern auch als Bewältigungsstrategie (Coping-Strategie) oder um das eigene Überleben abzusichern. Es geht also um eigene Interessenswahrung oder um Konfliktbewältigung. Ausdruck von Dominanz ist individuelles Beziehungsverhalten. Zur Einstufung von Dominanzverhalten werden Häufigkeit von Angriffen sowie ihre graduelle Ausprägung herangezogen. Ebenso aktive oder passive Unterwerfung, Gewinn oder Verlust von Ressourcen. Es wird also das Verhalten eines Hundes gegenüber anderen Hunden, wie es in einem speziellen Interaktionsprozess gezeigt wird, zugrunde gelegt. Ein weiteres Kriterium zur Dominanzbestimmung ist, wenn ein Hund regelmäßig freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegenüber anderen Hunden durchsetzt und dabei auf wenig Widerstand trifft. Da das Verhalten bei Hunden – so wie bei uns Menschen – einem dynamischen und kontinuierlichen Prozess unterliegt, ist die Verhaltensontogenese (Verhaltensentwicklung) nicht etwa starr.

Unsinnig ist es auch von einem „dominanten Hund“ zu sprechen oder gar eine „Palastrevolution“ zu vermuten, weil dieser als Erster durch die Haustür geht oder liebend gerne auf dem Sofa thront …!

1. Hunde bestimmter Rassen als „Kampfhunde“ zu bezeichnen, ist ein klarer Hinweis auf fehlende fachliche Grundkenntnisse. Es gibt keine „genetische Spezies Kampfhund“! Hundekämpfe sind längst verboten und selbst in England wurden Hunde- und Bullenkämpfe bereits im vorigen Jahrhundert (1935) verboten, und diese betreffenden Hunderassen sind seitdem dort als „Familienhunde“ anerkannt.

2. Unverantwortlich sind weiterhin der „Alphawurf“ (wird z. T. sogar bei Welpen praktiziert!) oder „Genickschütteln“ als sogenannte „Erziehungsmethoden“ oder den Hund mit der Nase in die „Pfütze“ tauchen, wenn er im Haus uriniert hat …
Weitere unsinnige, aber sich manifest haltende Überzeugungen und „Denkfallen“ sind:

3. „Hunde“, die bellen, beißen nicht …

4. Eine Hündin sollte mindestens einmal geworfen haben, … um sich „normal“ zu verhalten …

5. Der (die Rede ist von einem Hund …) will doch nur spielen …

6. Der tut das sonst nicht – oder der tut „nix“!

7. Unsere Hunde „regeln“ das schon selbst

8. Mein Hund muss wissen „wo der Hammer hängt“

9. Frage von Hundehaltern: „Ist es ein Mädchen oder ein Bübchen?“ (Wohlgemerkt, es handelt sich bei dieser Frage um Hunde!)

10. Der Spruch „die Rasse XY verzeiht keine Fehler!“

11. Erziehungsmethoden aus der „Humanpädagogik“ bei Hunden anwenden zu wollen.

Wichtige Anmerkung: Hunde und Wölfe erziehen ihren Nachwuchs konsequent, spielerisch, liebevoll und gewaltfrei!

Fazit:

Hunde benötigen – genau wie wir Menschen – lebenslänglich Kommunikationsübung und Erfahrungen im Umgang mit der entsprechenden Art – aber auch in der „artübergreifenden Kommunikation“ Hund – Mensch!

Somit bedeutet der wechselseitige Dialog im Hund – Mensch-Team:

Gemeinsames Lernen – und dies mit Achtsamkeit, Liebe und Respekt und zwar lebenslänglich!

Es bedeutet für uns aber auch:

Zuhören, Beobachten, Schweigen und Reflektieren!

Nur so kann Kommunikation mit unseren Hunden gelingen!

Gewalt hingegen seitens des Menschen gegenüber unserem Sozialpartner Hund ist stets ein Zeichen dafür, dass es an Wissen und Gewissen fehlt!

Dr. Barbara Wardeck-Mohr

Dr. Barbara Wardeck-Mohr für VDTT

Sie suchen einen Experten?

Unsere Mitglieder sind für Sie da.